Der Deutsche Ärztetag hat ein Gesamtkonzept für die Reform der Notfallversorgung in Deutschland gefordert. Entgegen vielfacher Ankündigungen habe der Gesetzgeber in der laufenden Wahlperiode dringend erforderliche gesetzliche Neuregelungen in diesem wichtigen Versorgungsbereich versäumt. Als „Stückwerk“ bezeichnete das Ärzteparlament die Pläne des Gesetzgebers, statt einer umfänglichen Reform der Notfallversorgung zunächst eine
zusätzliche verpflichtende, standardisierte Ersteinschätzung
einzuführen. Mit ihr sollen Patienten, die eine Krankenhausnotaufnahme oder Rettungsstelle aufsuchen, ohne
ärztliche Abklärung, allein mittels eines Software-Algorithmus
weitergeleitet werden. Der Gemeinsame Bundesausschuss soll die
Vorgaben und Qualitätsvorgaben für ein solches Verfahren
aufstellen. Eine entsprechende Regelung sieht der Entwurf des
Gesundheitsversorgungsweiterentwicklungsgesetzes (GVWG) vor,
dies wird vom 124. Deutschen Ärztetag abgelehnt.
„Patientinnen und Patienten kommen mit der Erwartung in die
Notaufnahme eines Krankenhauses, dass sie ärztliche Hilfe
erhalten. Sie müssen sich darauf verlassen können, dass ihre
individuellen Beschwerden ärztlich bewertet werden und die
Patientensicherheit im Vordergrund steht“, stellte dagegen der
Ärztetag klar. Unklar bleibe auch, wie mit Patienten verfahren
werden soll, die in dem softwaregestützen
Ersteinschätzungsverfahren der vertragsärztlichen
Versorgungsebene zugeteilt werden, dann aber aus Sicht des dort
tätigen Arztes doch im Bereich der stationären Notaufnahme behandelt werden sollen, weil der klinische Blick der Ärztin oder des Arztes dem Software-Algorithmus der Ersteinschätzung widerspricht.
In einem weiteren Beschluss bezeichnete es der 124. Deutsche Ärztetag als ein „verheerendes Signal für die Gesundheitsversorgung“, wenn Krankenhäuser auch in der aktuellen Pandemiesituation Arztstellen abbauen – unter anderem durch Nichtverlängerung befristeter Arbeitsverhältnisse, Verzicht auf Nachbesetzungen und Probezeitkündigungen. Gute Patientenversorgung sei nur mit einer aufgaben- und patientengerechten ärztlichen Personalausstattung zu erreichen, stellte das Ärzteparlament klar. Der Stellenabbau verdichte die Arbeit der verbleibenden Ärzte noch weiter und gefährde die Patientensicherheit.